Ria Arousa / Vilagarcia: Schlechtwetter ist angesagt
Und es wurde schlecht, das Wetter! Sonntag legen wir in Muros ab und erleben einer der ekeligsten Seestrecken der vergangenen 6 Wochen. Nieselregen, keine Sicht auf irgendetwas und zunehmend SW 4-5. Wir sind nur 34sm in die nächsten „Bucht“ bzw. dem nächsten Flußlauf, dem Ria Arousa in Ribeira gesegelt. Es dauert einen sehr, wenn man weiß, wie schön diese Küste und die Flußeinschnitte bei Sonnenschein sein müssen. Es ist sooooo ungerecht… hilft aber nichts. Der Hafen von Ribeira wie auch die Ortschaft kann man getrost vergessen. Viele, viele Fischtrawler, Fischgestank und die entsprechenden Fabriken bestimmen das Hafenbild. Im Ort selbst zum Teil völlig verkommene und zu ihrer Zeit einmal wunderschöne Häuser neben billigst und hässlich gebauten Hochhäusern. Zugegeben, bei Sonnenschein wäre es sicherlich erträglicher. Als ich aber noch mit ansehen muss, wie eine Möwe eine Taube mit Ihrem Schnabel in den Nacken schlägt und sie sodann zerrupft, ist bei mir die Laune auf einem echten Tiefpunkt angekommen. Wir essen an diesem Abend vegetarisch: Nudeln in der Pfanne mit Ei gebraten und ordentlich Ketchup! Das war zu meinen Studienzeiten das günstigste und sättigenste Essen und selbst Manfred ist davon zu begeistern.
Gut, dass wir noch kurz vor der Abreise einige DVD’s besorgt hatten: an diesem Abend kommt „House of Cards“ zur Geltung. Der Wetterbericht sagt für die kommende Woche auch hier in Galizien viel Regen und Wind voraus…. Wird es so eintreffen?
Montagvormittag am 13.6.2016 ist das Wetter und vor allem die Sicht auf diese bestimmt wunderschönen Berge (andere würden sagen hohe Hügel :-) ) immer noch nicht gegeben. Wir legen trotzdem ab, um diesem tristen Ort gegen Vilagarcia de Arousa zu tauschen. Dieser liegt nur 10 sm südlich in derselben Ria und bietet ein komplett anderes Ambiente. Eine schöne Uferpromenade, ein schickes Hafengebäude und eine interessante, geschichtsträchtige Innenstadt bei immer sonnigerem Wetter zaubern uns an diesem Tag wieder ein Lächeln ins Gesicht. Wir machen die Klappräder klar und folgen dem ausgeschilderten historischen Weg zu einigen hübschen Parks und alten Kirchen. Dann geht es die Uferpromenade bei Sonnenschein und mit Rückenwind entlang nach Carril. Der Rückweg führt uns durch „Weinberge“ zurück.
Zwischen all‘ unseren Aktivitäten versucht Manfred, im Internet die Erlaubnis für einige Naturparks – zumeist vorgelagerte Inselgruppen – zu erhalten. Nicht nur eine Segel-, nein auch eine Ankererlaubnis muss man sich durch Passworteingaben und diverse Online-Formulare durch erarbeiten. Bisher haben wir die Segelerlaubnis in der Tasche, nun fehlt natürlich noch die Permission zu ankern. Mal schauen, ob das klappt.
Den Montagabend verbringen wir mit einem englischen Eignerpaar einer großen Jeaneau namens „Prettiest Star“ und deren frisch eingetroffene (erwachsene) Söhne in einer gemütlichen Tapas-Bar. Zum Glück spricht einer der Söhne fließend Spanisch und wir können uns aus der reichhaltigen Speisekarte wirklich die Sachen auswählen, die wir mögen. Jeder darf vom Gericht des Anderen probieren und nebenbei unterhalten wir uns über die anstehende Volksentscheidung zum Brexit, Flüchtlingspolitik in Europa und ähnlich schwierigen Themen. Um es vorweg zu nehmen: der Abend endet friedlich! Ich habe mir allerdings vorgenommen, mein Englisch mal etwas aufzubessern und Spanisch könnte ich auch zumindest als Basic lernen. Tolle Vorsätze für den Winter?
Dienstagmorgen erleben wir dann die angekündigte Schlechtwetter-Front. Es regnet heftig alle Nase lang und der einlaufende Schwell in den Hafen lässt sogar Auriga schaukeln. So verbringen wir den Vormittag mit einer kleinen Shopping-Tour in der Innenstadt. Eines war für uns aber auch neu: sämtliche Geschäfte machen von 14 bis 17 Uhr dicht. Selbst die meisten Supermärkte haben geschlossen. In südlichen Ländern habe ich dafür ja durchaus Verständnis aber hier im Norden, wo es momentan eher wie in Hamburg schüttet?! Nun denn, wir passen uns einfach mal an und machen auch eine Siesta am Nachmittag. Der Abend wird bei prasselndem Regen auf den Fensterluken mit Decke unter Deck am LapTop verbracht.
Santiago de Compostela lautet das Ziel vom 15.Juni. Es regnet und weht noch mehr als gestern, so dass wir den Hafentag für dieses Weltkulturerbe nutzen möchten, obwohl wir für die damit verbundene Religiösität und dem katholischen Goldlametta eigentlich nicht viel übrig haben. Aber wenn der Zug von Vilagarcia de Arousa bis Santiago nur 20 Minuten braucht, sollte man sich diesen Ort wohl nicht entgehen lassen. Viel ist schon darüber erzählt und geschrieben worden und viele sind begeistert. Um es kurz zu machen: wir nicht. Sicherlich hängt es auch mit dem garstigen Wetter zusammen und damit, dass wir uns nicht warm genug angezogen hatten. Nichts desto trotz, wir waren da und werden den Besuch nicht wiederholen…auch wenn die Altstadt außerhalb der Souvenirläden ganz nett ist.
Zurück an Bord gibt es erst einmal eine Kanne voll „Zimt-Zicken“ Tee vom Cafe Sünnschien aus Kollmar. Mein Retter in jeder Lebenslage! Danach fühlen wir uns im Stande, sogar noch zu staubsaugen und Wasser zu bunkern. Ach und als Abendessen gibt es Frikadellen mit Kartoffel-Pü und selbst gepuhlten Erbsen. Nun ist die Welt (nicht aber das Wetter) wieder in Ordnung.
Sommerwetter... endlich!
Der Donnerstag zeigt auch wieder besseres Wetter. Wir laufen aus und segeln eine Ria weiter: die Ria Pondevedra. Hier laufen wir den Hafen von Sanxenxo ein - nein, das liegt nicht in China. Von hier aus haben die Spanier wohl für das Volvo Ocean Race ihre Kampagne mit „Mapfre“ organisiert. Auf jeden Fall liegen hier jede Menge J70 aber auch riesige Motoryachten (viele zum Verkauf Haha!).
Der Ort selbst zieht sich um eine wunderschöne Bucht, die wir selbstverständlich zu Fuss ablaufen. Ab der 2. Reihe dann nur noch Ferienappartements. Aber die Waterside ist echt schön mit einigen Geschäften, Tapas-Bars, Eisdielen und sogar Frozen Yohgurt gibt es hier. Abends genießen wir noch einen Cocktail mit Blick auf die gegenüberliegende Küstenseite dieser Ria und mit einem Auge beim Fußballspiel Deutschland gegen Polen. Letzteres haut uns nicht vom Hocker.
Das Wetter wird wirklich endlich Sommer. Wir verholen uns in eine kleine Bucht, die für den Nachmittag zum Ankern und Beachen völlig ausreicht. Abends haben wir dann eine echte sightseeing –Segeltour die Küste entlang in die Ria de Vigo. Gleich um die Ecke hinterm Leuchtturm macht sich eine tolle und weitläufige Bucht auf. Abends weht es hier mit guten 5 Windstärken, aber das ist nicht der Grund für die fast allgegenwärtige Atlantikdünung, die hier an den Küsten und in Rias ihren Tod findet. Manfred erklärt mir, dass Schwell und Windstärke nix miteinander zu tun haben. Somit geht der Anker für den Samstag am 18.6. in der Bucht von Nerga auf Tiefe. Wir sitzen völlig fasziniert von der Schönheit dieser Landschaft und der Bucht im Cockpit.
Am nächsten Morgen gibt’s eine Premiere: Manfred probiert das von Jörn zur Verfügung gestellte Tauchequipement aus. Dies besteht aus einem Luftsack, den man mit einer Pumpe permanent füllt. Aus diesem Luftsack geht ein ca. 4 m langer Schlauch mit einem Mundstück zum „Taucher“, der somit nicht immer zum Luftholen an die Oberfläche muss. Das Wasser ist kalt, aber wenn die Neugier siegt, gibt es kein Zurück! Manfred taucht runter zum Propeller und auch zum Kiel. Es gibt nichts zu meckern – da unten ist Auriga topfit und sehr sauber geblieben. Die „Tauchausrüstung“ reicht aus – so Manfred, um im Notfall am Propeller etwas arbeiten zu können. Tiefer als 2 m reicht der Luftdruck im Schlauch jedoch nicht aus, um genügend Sauerstoff zu transportieren.
Und so geht es eigentlich auch die nächsten Tage weiter. Wir tingeln mit einem Zwischenstopp in Vigo (Marina Real Nautico de Marina ist äh, die Stadt sehr schön) von einer Ankerbucht zu nächsten. Als besonderes highlight erweisen sich die Inseln „Cies“, die als Naturpark gelten und für die Manfred 2 Wochen lang im Internet gekämpft hatte. Nun haben wir die Ankererlaubnis und selbstverständlich nutzen wir diese. Ich hatte mir am Sonntagabend das Schienbein beim Abrutschen von der Scheuerleiste aufgeschlagen, somit war Baden nicht angesagt. Dafür wandern wir auf der Hauptinsel die gut ausgebauten Wege hoch zu besonders schönen Fels-/Steinformationen. Auch diese Inseln wurden bereits in der Steinzeit besiedelt. Der Strand ist übrigens voll – nicht nur mit sehr losem Sand sondern mit zig hunderten von Menschen, hauptsächlich junge Leute. Haben die alle schon Ferien oder sind das Schulausflügler? Wir wissen es nicht. Die Hauptinsel wird auf jeden Fall von vielen Katamaran- Fähren angefahren und bringt die Menschenmaßen abends alle wieder nach Hause. Schade nur, dass es abends immer so auffrischt und kalt wird, sonst hätten wir uns doch tatsächlich noch mal ins Dingi geschwungen und einen Sun-downer am Strand verhaftet.
Am Dienstagmorgen motoren wir nur 1 sm weiter zur südlich gelegenen Insel. Hier haben wir den Strand ganz für uns alleine. Das Wasser schimmert türkis, der Strand ist weiß und die Bäume wachsen dicht. So geht es erneut mit dem Dingi auf Erkundungstour und für 2 Stunden an den Strand. Unsere Haut ist immer noch nicht an die starke Sonne gewöhnt und wir passen höllisch auf, dass wir uns nicht verbrennen. Da auch hier die Dünung wieder zunimmt, fahren wir am Nachmittag weiter. Es geht nach Baiona. Das ist ein hübscher und geschichtsträchtiger Ort. Wir liegen hier direkt unterhalb der Festung Monterreal und mit Blick auf den Nachbau der Pinta, eines der 3 Schiffe von Kolumbus von seiner Reise nach „Amerika“ wieder zurückgekommen. Der Käpt‘n Pinzon hat es mit seinen rund 30 Mann Besatzung in dieser Nussschale doch tatsächlich über den Atlantik zurück geschafft. Seekrankheit, schlechtes Wasser Skorbut und diverses Ungeziefer müssen den Seeleuten damals echt zugesetzt haben. Was trieb diese Menschen damals dazu, sich mit solchen „ Karawellen“ auf ins Unbekannte zu machen, möglicherweise von der Erde zu fallen und zumindest gezeichnet fürs Leben zurück zu kommen? Es ist uns ein Rätsel.
Hier soll auch unser Päckchen angekommen sein mit der neuen SIM-Karte für Manfred. Im Prepaid-Modus unterwegs sein ist richtig teuer. So freuen wir uns, als wir im bislang teuersten Segelclub an dieser Küste das Päckchen tatsächlich in Empfang nehmen können. Ein herzliches Danke Schön an die liebe Gaby, die sich die Mühe gemacht hat, sogar noch ein Begleitschreiben aufzusetzen.
Mitsommernacht in Baiona: Zuerst besuchen wir das Fort Monterreal und haben einen fantastischen Blick auf die anrollenden Wellen. Dann schlendern wir durch die recht gut erhaltene Altstadt mit seinen schmalen Gassen. Die Spanier sind etwas geknickt, weil sie soeben miterleben durften, wie ihre Fussballmannschaft gegen Kroatien verloren hat. Zufällig, obwohl, die gibt es ja nicht, treffen wir Gill und David von der „Prettiest Star“ wieder, die wir in Muros und Vilagarcia schon kennengelernt haben. Der Abend wird lang und auf dem Heimweg leuchtet uns ein schöner runder Mond den Steg aus.
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Anke (Freitag, 01 Juli 2016 10:52)
Na ihr beiden Weltenbummler,
ihr könnt es aber richtig, richtig gut haben. Schöne Bilder habt ihr für uns gemacht, und Du, liebe Ute, schreibst dann auch zusätzlich immer wieder so interessante Berichte. Aus lauter Solidarität haben mir so manches Mal auch die Beine (vom virtuellen Radfahren...hihi..) weh getan. Für die Überfahrt nach Madeira wünsche wir Euch alles Gute. Auf das ihr die Wellenberge bezwingt und wohlbehalten dort ankommt. Auf die folgenden Blog-Berichte freuen wir uns bereits jetzt. Für mich läuft die letzte Woche Arbeit...und dann... geht es für uns ab in den Urlaub. Wir bezwingen dann auf ein Neues die wilde, wilde Ostsee. ;-)
Herzliche Grüße und weiterhin viel Spaß bei Euren Abenteuern in fernen Gewässern schickt Euch die Adonis-Crew