Am Freitagmittag, 16.7.2021 legen wir mit der Windvorhersage Nordost 5 ab, die sich erst am Nachmittag einstellen soll. Wir sind demnach darauf vorbereitet, eine Zeit lang zu motoren. Es werden 5 Stunden und 41 sm, bis der Wind ziemlich plötzlich und mit deutlich mehr als 5 Windstärken einsetzt. Ich bin zunächst erschrocken, dass wir auch gleich eine so hohe, steile Welle dabei haben. Wochenlang sind wir bei relativ glattem Wasser oder blöder, aber unspektakulärer Welle gesegelt, und nun das! Zum Glück hatte ich eine Suppe vorgekocht, sonst hätten wir uns mit Brot und Snacks „über Wasser“ halten müssen. Manni geht um 19 Uhr in die Koje, während ich mir mit schöner Musik und einem Buch meine anfängliche Beklemmung austreibe. Wir haben einiges an Schiffs verkehr, die meisten Dampfer gehen aber gut klar. Erst zu meinem Wachwechsel ergibt sich mit dem Frachter „Neste“ ein dauerhafter Kollisionskurs, den Manni regeln muss. Die „Neste“ meldet sich bei uns per Funk und bittet um eine Kursänderung (bzw. Verlangsamung), da sie nicht weiter nach Steuerbord wegdrehen können (da liegt Gotland). Manni rollt kurzfristig die Fock ein und geht etwas höher an den Wind und schon passt es. So muss das mit der Seefahrt sein!
Ich verbringe die nächsten 4,5 Stunden mit 5 Kissen in der Koje – an Schlaf ist bei dem Seegang nicht wirklich zu denken. Auch zwischen Gotland und Öland haben wir Schiffsverkehr, der jedoch am Ende klar geht. Manni hat uns nachts um die Südspitze von Gotland gezirkelt, so dass ich in den frühen Morgenstunden nur noch gerade aus segeln muss. Mittlerweile ist der Wind auch auf angenehme 3-4 Windstärken runter und der Seegang wieder moderat.
Am Samstag, 17.7.2021 machen wir um 8 Uhr in Böda an der Nordostküste von Öland fest, um gleich darauf eine oder zwei Mützen voll Schlaf nachzuholen. Wir haben in knapp 20 Stunden ca. 150 Seemeilen geschafft – 45 davon unter Motor.
Auch in Böda gibt es sehr schöne Strände. Das wissen die Schweden ebenfalls zu schätzen. Ist ja - klar in der Hauptferienzeit. Wir packen unsere Badesachen und legen uns zwischen die vielen Menschen an den Strand. Auch das Baden kommt nicht zu kurz.
Als ich abends gerade das Essen fertig habe, stellt Manni fest, dass achtern die Toilette übergelaufen und ca. 30 Liter Seewasser in unsere Bilge gelaufen ist. Noch nicht genug für die Bilgenpumpe, aber genug, um uns nach dem Abendessen gut zu beschäftigen. Höchstwahrscheinlich hat sich ein Krümel oder ein Stück Seegras zwischen der Abdichtung und dem Toilettenventil verkeilt. Wir machen zwar bei Seegang das Seeventil zu, verzichten bislang jedoch im Hafen auf diesen zusätzlichen Handgriff. Nun gut, dass wird ab sofort per „Bordgesetz-Verordnung“ eingeführt.
Am Sonntag, 18.7.2021 machen wir einen schönen Fahrrad-Ausflug zum Freilichtmuseum aus der Eisenzeit in Skäftekärr. Hier vereinen sich ein Arboretum (u.a. mit einem großen Areal von Rotzedern), eine Fossilienausstellung und der Nachbau eines Langhauses aus der Zeit um 400 n.Chr. Aufgrund der geringen Besucherzahl erhalten wir fast eine private Informationsrunde von den zwei netten „Eisenzeit-Menschen“.
Weiter geht die Radtour zurück an die Ostküste mit einem Zwischenstopp in einem riesigen Laden für Strandzubehör. Hier besorge ich uns für wenig Geld einen kleinen Strand-Sonnenschirm, der sicherlich auch an Bord in der Winschkurbelaufnahme eingesteckt werden kann. Wir landen (nach einigen entspannenden Radkilometern durch Kiefernwald) am Camping Platz Böda Strand – und sind erschlagen von der Größe sowie der Ausstattung des Platzes und Anzahl der Camper (3 spurige Zuwegung!). Okay, hier bleiben wir nicht. Zurück geht es 9 km an der stark frequentierten Hauptstraße entlang, bis kurz vor unserem Hafen. Hier gibt es zwar auch einen kleinen Campingplatz, aber die Strandbesuchermengen sind überschaubar. Wieder einmal sind wir begeistert vom tollen Wasser hier auf Öland.
Oskarshamn ist nicht spektakulär ... aber schöner als Elmshorn
Weiter geht es am Montag, 19.7.2021 zunächst 10 sm gegen Wind aus Nord um die Nordspitze von Öland und dann rüber nach Oskarshamn. Dies ist eine unspektakuläre Stadt, in der wir unsere Lebensmittelvorräte wieder auffüllen können. Abends kommen wir mit einer netten schwedischen Familie ins Plaudern – so langsam tauen also auch die Schweden auf, denn auf unserer Tour nach Norden Anfang Juni haben wir tagelang keine Kontakte zu anderen Seglern bekommen.
Am nächsten Morgen motoren wir nur 3 sm weiter in eine vorher ermittelte Ankerbucht namens Kiddeholmen. Nach dem 1. Fehlversuch hält unser Anker beim 2. Mal genau zwischen zwei blauen und verlockenden Mooring Tonnen. Diese Tonnen gehören in der Regel einer Seglergemeinschaft, die für wenig Geld somit immer bequeme und sichere Liegeplätze in abgelegenen Gegenden nutzen können. Wir genießen den Tag mit schnorcheln, schwimmen und erneuter kleiner „Expedition“ in die verzweigte Schären-Wasserwege. Premiere hat heute unsere Hängematte, die bislang ein tristes Dasein in der Staukoje hatte. Man fragt sich schon gelegentlich, womit man das verdient hat…:-)
Am Dienstag, den 20.7.2021 wird das Faulenzen fortgeführt – heute unter Segeln. Bis auf einmal ausbaumen und wieder zurück bauen driften wir mit Nordwind von 3-4 Stärken mehr als dass wir segeln gen Süden. Da das für uns sogenannte „geschenkte“ Meilen sind, verzichten wir auf eine weitere Nacht vor Anker (die Buchten werden hier immer seltener) und motoren die letzten 13 sm weiter nach Färjestaden auf Öland. Dies ist ein belebter, ehemals wichtiger Fährhafen, der trotz der Ölandbrücke regelmäßig von einer kleinen Fähre für Fußgänger und Radfahrern von und nach Kalmar angelaufen wird.
Wie schon so einige Male in Schweden müssen wir auch hier auf einer Website der Kommune Mörbylanga die Hafenliegegebühr mittels Kreditkartenzahlung vornehmen. Erst hier erfahren wir, dass der von uns eingenommene Liegeplatz angeblich bereits gebucht ist. Grrrrh, also laufen wir erst noch den nächsten Steg ab (der auch keine Bezeichnung hat) und ermitteln eine Liegeplatz Nummer, die auf der Website als „frei“ gekennzeichnet ist. Umständlicher geht es kaum. Wir wünschen uns den guten alten Hafenmeister (Manni sagt, die nette junge Meisterin tut’s auch) zurück… oder zumindest Automaten.
Am nächsten Tag sieht uns der nahe gelegene Supermarkt und der „Systembolaget“, bevor es für einige Stunden an den nahegelegenen Strand geht. Der restliche Tag wird mit Blog-Schreiben und Faulenzen verschlummelt.
Zwischenfazit: Was uns in der Bucht von Riga gefiel
Was uns in der Bucht von Riga gefiel:
1. Die Esten und die Letten sind ausgesprochen nette Leute
2. Die Preise für Lebensmittel, Essengehen und Getränke sind sehr reisekassenfreundlich
3. Bislang wenige weiße Quallen und keine Algen
4. Die Städte Pärnu, Riga und Kuuressare waren einen Besuch wert, trotz Hitze und
Kribbelfliegen
5. Die starken Gegensätze der Baulichkeiten und Straßenbelagszustände
6. Die sauberen Flüsse mit Seerosen, in denen man baden konnte.
7. Kohlrabi und Kaffeesahne (die ich in Schweden nie finden konnte!)
Was war in der Rigaer Bucht nicht schön:
1. Die Kribbelfliegen
2. Die ca. 3wöchige extreme Hitze, alle Einheimischen haben uns versichert, dass dies sehr ungewöhnlich ist
3. Die kurze und sich schnell aufbauende Welle
4. Die Hubschrauber-Rundflüge im 10-Minuten Rhythmus in Pärnu
5. Die zum Teil schlechten Anlegemöglichkeiten mit rostigen Ringen
6. Die Jetski- und Motorbootfahrer, die auch in Est- und Lettland keine Rücksicht auf festliegende Schiffe nehmen
Ventspils und Pavilosta – bereits wieder an der Ostseeküste gelegen - sind schöne Orte mit tollen Badestränden. Diese beiden Orte würden wir gern wieder einmal besuchen und mehr Zeit für die Umgebung verwenden, wenn es denn nicht so heiß ist.
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